Als ich dieses Jahr das erste Mal schnorcheln war im Hausriff von Gili Air hatte ich große Hoffnung die Schildkröten wieder zu treffen. Auf Gili Meno, der Nachbarinsel von Gili Air die etwa 10 Bootsminuten entfernt liegt gibt es eine Initiative zum Schutz der Brutgebiete für die Hawksbill-Schildkröten (Eretmochelys imbricata) die dort jedes Jahr am Strand ihre Eier ablegen. Die Brutplätze werden in dieser Zeit von Freiwilligen Helfern bewacht und es wird Buch darüber geführt welche Schildkröten zur Eiablage nach Meno kommen. Die Hawksbill Turtles sind eine sehr gefährdete Spezies die den speziellen Schutz durch die Menschen braucht um nicht auszusterben. In der Familie der Cheloniidae sind sie die einzige Art in dieser Klassifizierung. Auf Gili Air lassen sich allerdings nur noch die jüngeren Schildkröten antreffen. Den ausgewachsenen Exemplaren ist Gili Air durch die vielen Touristen im Wasser zu hektisch und sie kommen nicht ins Riff zum Fressen. Das machen nur die „Kleineren“. Das Wasser ist dort auch recht flach, vielleicht auch ein Grund das nur die kleineren Schildkröten dort fressen. Viele erzählten von den Begegnungen der Adulten auf Gili Meno der Nachbarinsel.
Mamik, unser Hotelmanager und alter Tauchguide in diesem Gebiet erzählte uns von mehreren Höhlen in einer Tiefe von 4 – 5 Meter wo die Schildkröte gerne zum Schlafen und Ausruhen weilen. Anke fand dann auch einen davon die sehr gut zu lokalisieren war. Dort konnte man immer schauen ob die Schildkröten gerade Mittagspause machen oder ob sie im Riff unterwegs sind. War keine in der Höhle konnte man davon ausgehen das sie gerade im Riff unterwegs sind um zu fressen. Etwas abseits der Touristenschnorchler konnte man sie häufig beim Fressen finden. Sie schwimmen sehr entspannt durchs Riff auf der Suche nach Futter.
Normalerweise werden sie gejagt von den Touristen. Werden sie entdeckt, stürmen alle Schnorchler Richtung Schildkröte und jeder will sie anfassen. Fazit: Die Turtles sind sehr vorsichtig und kommt ein Rudel Touristen in ihre Richtung ergreifen sie sofort die Flucht und tauchen ins tiefe Wasser ab. Ich wär auch genervt wenn ich nicht in Ruhe fressen könnte.
Wenn man eine Schildkröte entdeckt und sich vorsichtig nähert (und auch Abstand hält) kann man bei ihrem täglichen Treiben zuschauen. Je ruhiger man sich verhält, desto näher kommt man ran. Ich hab in den ersten Tagen einige Schildkröten entdeckt verschiedener Größen. Der Rückenpanzer der Eretmochelys ist bei jeder Schildkröte einzigartig, die verschiedenen Tiere waren nach ein paar Tagen von mir recht gut zu unterscheiden. Die Muster der Schildplatten auf dem Rückenpanzer verrieten mir immer sofort welche Schildkröte ich gerade vor mir hab.
Eine Schildkröte, die auch schon etwas größer war, fiel mir von Anfang an auf. Sie ließ sich von mir nicht stören, ich konnte mit ihr tauchen und schwimmen ohne das sie flüchtete. Nach dem zweiten Tag taufte ich sie auf den Namen „Else“. Sie hatte regelmäßige Essenszeiten im Riff, so konnte ich nachmittags um 14 und um 17 Uhr immer fest damit rechnen sie zu treffen wo die Weichkorallen stehen, die sie mit großem Appetit nieder macht. Sie randalieren ganz ordentlich im Riff rum um Fressen zu finden. Ich konnte viele Fotos von ihr schießen und Else war für mich ein dankbares Fotomotiv. Konnte ich sie nicht entdecken schaute ich erstmal an ihrer Ruhehöhle in 4 Meter Tiefe nach ob sie da schläft. Else besitzt ein paar eindeutige Merkmale auf ihrem Rückenpanzer. Ein paar weiße Flecke am Rande der oberen Schildplatten ließ sie sofort als „Else“ erkennen.
Das Faszinierende an Else war, daß sie einen nicht aus den Augen lässt. Man steht immer unter Beobachtung und wir schwammen oft Auge in Auge nebeneinander her. Alle paar Minuten muss Else auch mal an die Oberfläche zum Luft zu holen. Schläft sie, kann sie bis zu 30 Minuten unter Wasser bleiben ohne zu atmen. Manchmal wartete ich aufs Auftauchen wenn sie in ihrer Höhle lag, aber ihr Durchhaltevermögen unter Wasser ist wesentlich besser als meins. Sie hat einfach den längeren Atem. Wenn sie am Fressen war konnte ich mich daneben legen und in Ruhe zuschauen oder fotografieren. Irgendwie ließ sie sich nicht stören von meinem Gehampel um gute Fotos. Ich hatte mich mit 5kg Blei behängt, damit das auch funktionierte. Ich trage beim Schnorcheln immer einen Neopren Shorty der mich wie ein Korken nach oben schießen lässt wenn ich abtauche. Um das zu verhindern hab ich mir 5kg Blei umgehängt damit ich unten bleiben kann. Das war von der Konfiguration auch sehr hilfreich. Ich musste nicht gegen den Auftrieb kämpfen und konnte in Ruhe auf dem Riffboden rumliegen. Nur mein Atemreflex erinnerte mich daran daß ich doch kein Fisch bin der Kiemen hat und ich musste nach kurzer Zeit immer wieder auftauchen.
Was sie beim Fressen jedesmal unter den Korallen ausbuddelte konnte ich nicht erkennen. Das sah immer irgendwie aus wie die Polypen von irgendwelchen Korallen, es könnten auch die Rhizome von irgendwelchen Pflanzen gewesen sein. Jedenfalls gab es genug davon im Riff. Else buddelte immer irgendwas aus und biss überall rein. Der aufgewirbelte Riffboden wurde sofort von Fischen besucht die um Elses Kopf herum versuchten kleine Tiere aus dem aufgewühlten Sediment zu ergattern. Was Else manchmal auch sichtlich nervte. Manche Fische versuchten auch Parasiten von Elses Kopf zu picken. Das fand sie ziemlich doof und sie stellte die Nahrungssuche ein. Meine Recherche im Internet zeigte mir dann auch auf, was Else gerne frisst. In erster Linie eine spezielle Art Schwämme auf die sich spezialisiert hat. Sie frisst auch gerne Quallen und macht auch vor einer „portug. Galeere“ nicht halt. Sie hat eine spezielles Verhalten entwickelt was es ihr ermöglicht diese extrem nesselnden Quallen zu fressen. Weiterhin gehören Algen und Seeanemonen zu ihrer Nahrungsquelle.
Im Anhang findet ihr viele Fotos von Else mit Beschreibung. Viel Spass beim Anschauen. Ich wünsche Else für die Zukunft alles Gute und hoffe das sie sich mit dem Turtle-Rescue Programm von Gili Meno auch reichlich vermehren kann. Wenn sie ausgewachsen ist, wird sie sicherlich nach Meno umziehen, wo die großen Hawksbill Schildkröten ihre Eier ablegen.
Ich hab jedenfalls Hoffnung sie irgendwann mal wieder zu treffen. An ihrem Panzer kann man sie jederzeit gut erkennen. Ich vermiss sie jetzt schon. Mit ihr zu schnorcheln war eins der schönsten Erlebnisse in diesem Urlaub für uns.
Solltet ihr jemals auf Gili Air sein und dort schnorcheln lasst mich bittte wissen ob ihr Else gesehen habt. Die Merkmale an der obersten Schildplatte ist recht eindeutig und Else sollte lt. dieser Bilder gut zu erkennen sein.
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